Fußballtraining, Kino, Essengehen, das ist es wohl, was die meisten freitags nach der Arbeit machen. Doch nicht Anna-Lena Wolff – zumindest nicht immer. Ein bis zwei Mal im Monat geht die 36-Jährige, statt den Feierabend mit Freunden ausklingen zu lassen, auf die Palliativstation. Dort lernt sie Menschen kennen, die auf der Station die letzten Tage ihres Lebens verbringen. Sie hält ihre Hand, unterhält sich mit ihnen, spendet Zeit und Trost.  

Doch wie kommt eine junge Frau zu einem solche Ehrenamt? „Vor einigen Jahren pflegte ein Freund seine krebskranke Mutter und wurde dafür auch von der Arbeit freigestellt. Ich habe mir damals nur gedacht, was für ein Glück die Mutter hat, dass der Sohn da ist“, erklärt Wolff. „Und dann habe ich mich gefragt, was Leute machen, die ganz allein sind.“ Und so fing sie an, sich zu informieren und stieß dabei auf den Hospizverein Bamberg.  

Wie Anna-Lena Wolff zur Sterbebegleiterin wurde

Die Ausbildung, die sie dann absolvierte, kann an sich jede*r machen. Sie vermittelt Basics zu Weltanschauungsfragen, Wissen darüber, was in den Stunden vor dem Tod psychisch und physisch im Körper passiert, sowie einige grundlegende pflegerische Handgriffe. „Viele haben die Ausbildung auch für private Zwecke genutzt, weil sie zuhause die Eltern pflegen“, erzählt Wolff. Ansonsten gibt es verschiedene Möglichkeiten nach der Fortbildung, von ambulanter Sterbebegleitung bis Trauerberatung. Wolff entschied sich für die Palliativstation: „Da gibt es feste Schichten, deswegen kann man das sehr gut mit der Arbeit vereinbaren.“ Seit 2018 arbeitet sie bei der mgo. Von der Medienkraft Verstärker GmbH wechselte sie 2020 zum Team von inFranken.de und ist seither als Online-Managerin tätig. 

Wenn sie auf die Palliativstation kommt, spricht sie sich zunächst mit einer Schwester ab, erfährt welche Patienten beispielsweise wegen Corona in Isolation sind. Dann geht sie in die Patientenzimmer und bietet an, sich zu den Menschen zu setzen. „Da gibt es vollkommen unterschiedliche Reaktionen“, erklärt die 36-Jährige. „Manche wollen nicht sprechen, das ist dann auch ok. Andere freuen sich, wenn sie nicht allein sind.“ Sie leistet Gesellschaft, bietet Gesprächsmöglichkeiten und hilft den Krankenschwestern, indem sie den Patienten das Essen schneidet oder Geschirr abräumt. „Die Schwestern freuen sich über jede Hilfe. Und vor allem haben sie einfach nicht die Zeit, sich eine Stunde zu einem Patienten zu setzen, der Gesellschaft braucht“, gibt Wolff zu bedenken. Im Endeffekt seien ehrenamtliche Helfer da, um Lücken im System zu füllen.  

Wie verarbeitet man das, was man auf einer Palliativstation erlebt?

„Ich lasse das nicht zu nah an mich ran, letzten Endes ist das eine professionelle Dienstleistung“, erklärt Wolff. „Man muss aber auch bedenken, dass das nicht die eigenen Angehörigen sind“, fügt sie hinzu. Außerdem müsse man ganz klar sagen, dass das Ehrenamt nie rein altruistisch sei. „Das gibt einem was. Man reflektiert, wer da im Bett liegt. Wenn da ein 40-Jähriger liegt, ist er nur vier Jahre älter als ich. Wenn man dann am Freitag genervt aus dem Büro kommt und sich über einen Anruf ärgert, gibt einem das Perspektive“, führt Wolff aus. „Ich denke, wenn man sich bewusst macht, dass es irgendwann zu Ende geht, lebt man ganz anders.“ 

Ein großes Problem sieht sie im Alter der Ehrenamtler*innen. Mit ihren 36 ist sie eine der Jüngsten – die meisten haben erst in der Rente Zeit für ein solches Amt. Doch eigentlich sollte man sich mit dem Thema schon viel früher beschäftigen, meint Wolff: „Dass wir irgendwann sterben, ist das einzige, dessen wir absolut sicher sein können. Und trotzdem befasst man sich einfach nicht damit.“ Auch deswegen hat sie sich Anfang des Jahres ein zweites ehrenamtliches Standbein aufgebaut. Im März machte sie eine 5-tägige Weiterbildung zur Vorsorgeberaterin. Seitdem berät sie Menschen, die Vorkehrungen für ihr Ableben treffen wollen. Auch hier merkt man: Die meisten sind älter als 60 Jahre. Die Beratungen finden meist in den Räumlichkeiten des Hospizvereins statt. 

Aktuell ist Wolff aber im Gespräch mit der mgo über eine Zusammenarbeit mit dem Hospizverein Bamberg. So könnte es vielleicht schon bald auch im Unternehmen die Möglichkeit geben, sich über Vorsorge- und Pflegevollmachten zu informieren.