Ralf Ruppert plaudert aus dem Nähkästchen

Innovation Community Mediengruppe Oberfranken

Vor über einem Jahr rief das Innovationsmanagement der mgo die Innovation Community ins Leben. Kreativität, Vertrauen und Synergien werden hier großgeschrieben. Mitglieder aus den unterschiedlichsten Fachbereichen kommen zusammen, um Ideen zu entwickeln und agile Methoden kennenzulernen. Ralf Ruppert, Redakteur und Betriebsrat bei der Saale-Zeitung, war von Anfang an dabei und erzählt uns von seinen Erfahrungen.

Innovation Community? Was soll das denn bringen? Und wieso ist da alles auf Englisch? Fragen und Bedenken gab es viele, gerade Redakteure sind ja kritisch, wenn es um Neues geht. Trotzdem interessierte mich der formlose Aufruf, den Chefredakteur Frank Förtsch vor eineinhalb Jahren in die Runde schickte. Also fuhr ich zum ersten Treffen nach Bamberg – und blieb bis heute dabei, auch wenn ich schnell  der einzige Bad Kissinger war, die Fahrerei gerade am Anfang viel Freizeit kostete und der Einstieg eine Herausforderung war. Agiles Arbeiten, flache Hierarchie, neue Ideen: Hört sich alles toll an, fordert aber auch die Synapsen im Gehirn. Raus aus der Komfortzone eben.

Die Frage, die auch Kollegen natürlich oft stellen, wenn ich in der Redaktion fehle, ist die nach dem Nutzen. Der ist gerade für die Redaktion nicht in Euro und Cent zu beziffern, aber an erster Stelle steht sicherlich ein Kulturwandel. Den Mut, neue Wege zu gehen, nehme ich immer wieder mit in den Alltag. Konkretes Beispiel: Als wir – auf Grundlage einer Kundennutzenanalyse und nach Gesprächen im Team – Anfang 2017 entschieden, die durch die Main-Post-Kooperation ausgesetzte Paywall bei der Saale-Zeitung wieder einzuführen, schlug ich einfach mal vor, dass wir gemeinsam eine Story-Map dazu erstellen. Ergebnis: Fünf Kollegen machten mit und innerhalb einer Stunde hatten wir alle Zutaten für ein komplettes Konzept, wie wir die Einführung, von Erklärstücken zur Registrierung bis zur Schlitten-Pisten-Test-Serie mit Videos, begleiten, die free startete und dann paid weiterging. Das ausgearbeitete Konzept ging auch genauso durch. Weil es gut und kreativ war.

Kreativ ist übrigens die Arbeit der Innovation Community per se erst einmal nicht. Ein weit verbreitetes Missverständnis beim Begriff Innovation ist die Verwechslung mit der eigentlichen Idee. Die gibt es tatsächlich an jeder Ecke: Jeder Mitarbeiter lässt sie raus, wenn er angehört  wird, die Kunden und Leser tragen sie an uns heran, andere Unternehmen machen sie uns vor. Zur Innovation gehört aber eben auch der Markterfolg: Passt es zu uns? Was kostet es? Welche Einnahmen bringt es? Genau dazu will das  Innovationsmanagement den Weg ebnen.

Deshalb standen gerade bei den Sitzungen im ersten Jahr die vielen  Methoden im Fokus. Business Modell Canvas, Design Thinking, Product Owner, Persona, Usability… Da sträubt sich das Selbstverständnis des  Redakteurs als Übersetzer bereits bei den Begriffen. Aber wie etwa in der Medizin muss ich die Fachsprache kennen, um auf Augenhöhe mit Betriebswirten oder dem „Entrepreneur und Accelerator Management“ reden zu können. Schließlich ist das der Weg, den nach den Medienkraft Verstärkern auch die Redaktion gehen soll. Kreativ wird das Arbeiten vor allem dadurch, dass in der Community so viele offene Geister aus ganz unterschiedlichen Abteilungen zusammen kommen. Das weitet den Blick und verbindet auch: In den vergangenen eineinhalb Jahren habe ich deutlich mehr mgoler kennen gelernt als in den sechs Jahren zuvor, seit denen die Saale-Zeitung zur „Familie“ gehört.

Und: Englisch ist auch manchmal von Vorteil, weil es Spielraum für Interpretationen lässt. Wie sollte ich etwa meine Funktion als „Gate Keeper“ übersetzen? Torwächter klingt zu martialisch, beim Türsteher denken alle an Muskelprotz – und selbst der Begriff Türöffner trifft es nur bedingt, weil wir lediglich eine erste Rückmeldung geben, ob alle Voraussetzungen erfüllt sind und an alles gedacht wurde, aber eben nicht unmittelbar bei der Umsetzung einer Idee helfen oder gar das Budget dafür bewilligen können.

Schwierig ist auch der Begriff „agil“: Wer jemals in einem  Opel-Modell Agila saß, kann dem Begriff nichts abgewinnen. Ich denke dabei eher an Senioren, die andere Senioren mit dem Rollator überholen. Trotzdem steckt in den so genannten agilen Methoden, die in der Innovation Community allen MGO-Mitarbeitern angeboten werden, vermutlich der Schlüssel für die Geschäftsmodelle der Zukunft. Ob mit oder ohne Zeitung: Unsere Kompetenz im Sammeln und Verbreiten lokaler Informationen hat Potential. Und dafür lohnt es sich auch, mal bis nachts um 1 Uhr den Aufmacher des nächsten Tages vorzuschreiben, um dann am Morgen zur nächsten Sitzung der Inno-Community von Bad Kissingen nach Bamberg fahren zu können.

Nach und nach kommen solche Ideen auch im Team am Standort an. Auch wenn sich  viele zunächst gegen die  von der Inno-Community mitgetragene Diskussion zur Unternehmens-Vision sträubten, hat am Ende mehr als die Hälfte der Bad Kissinger Kollegen abgestimmt. Auch an einem Workshop mit Catharina Stamm zu einem konkreten Projekt nahmen mehr als ein Dutzend Kollegen teil. Obwohl die dabei entwickelten Ideen leider nicht weiterverfolgt wurden – die Arbeitsweise hat viele inspiriert, die Methoden sind draußen, die Idee ist gesät. Mal sehen, was alles aufgeht und wächst! Auch der neue Obst-Korb oder die Ankündigung eines Mini-Ideen-Gärtles am Standort sind Schritte in die richtige Richtung.

Zuletzt: Was kann ich in die Community einbringen? Immer wieder verschmelzen bei den Treffen verschiedene Interessen aller  Teilnehmer. In meinem Fall sind es neben den 20 Jahren Erfahrung in der Redaktion auch die Arbeit als Betriebsratsvorsitzender und mein Hobby als Hochseilgarten-Trainer und Erlebnispädagoge: Vom Warmup zum Ankommen bis zur Kooperationsübung reichen die Impulse, die den Start manchmal erleichtern.

Über den Autor:
Ralf Ruppert ist Redakteur der Saale-Zeitung in Bad Kissingen