Das war das Fazit zum Digital-Gipfel der Bundesregierung 2022 von inFranken.de-Geschäftsführer Gero Schmitt-Sausen. Der Gipfel fand am 8./9. Dezember in Berlin statt. Das Ziel ist es, eine Plattform zu bieten, die das gemeinsame Gestalten eines zukunftsfähigen Rahmens für den digitalen Wandel ermöglicht.

Kommentar von Gero Schmitt-Sausen:

Neugierig geworden durch das Motto „Daten – Gemeinsam digitale Werte schöpfen“, folgte ich der Einladung zum Digital-Gipfel 2022 und machte mich vergangene Woche auf den Weg nach Berlin. Neben mir kamen noch knapp 1000 weitere Teilnehmende dem Ruf der Bundesregierung nach.

Der seit 2006 ausgerichtete Digital-Gipfel bezeichnet sich selbst als „die zentrale Plattform zur Gestaltung des digitalen Aufbruchs“ und transportiert damit einen großen Anspruch. Mit der Station Berlin bot die Location einen idealen Rahmen dafür: Das bunte Programm an Vorträgen und Diskussionen zum Thema „Daten“ und „Datenökonomie als Treiber des digitalen Wandels“ fügten sich in die großzügigen Hallen passend ein. Die Inhalte hätten aus meiner Sicht jedoch progressiver sein können.

Leidenschaft und der kritische Diskurs kamen zu kurz

Von Mobilität der Zukunft über KI und AI bei der Datennutzung bis hin zum verantwortlichen Umgang mit Daten – das Programm versprach einen umfassenden Einblick. Für die Größe des Events und die Anzahl der Teilnehmenden hätten es für mich persönlich noch mehr und vor allem auch unterschiedlichere Vorträge sein können. Insbesondere die Themen Medien, Bildung, Gesundheit, erforderliche Kompetenzen oder schlicht die unabdingbare Notwendigkeit der Nutzung von Daten in der kommenden Dekade hätten facettenreicher und eingängiger präsentiert werden können. Zudem fehlte es mir persönlich einige Male an Emotion und Leidenschaft, wenn man sich vor Augen hält, dass man sich gerade auf der zentralen Plattform zur Gestaltung des digitalen Aufbruchs befindet. Auch der selbstkritische Diskurs zum Status quo war in vielen der jeweils lediglich 30-minütigen Vorträgen nicht gegeben. Und damit meine ich nicht nur den Verweis auf die immer noch mangelhafte Infrastruktur in Deutschland, die ich auf der fast pünktlichen Zugfahrt von Bamberg nach Berlin und wieder zurück selbst wieder erfahren durfte.

Es fühlte sich leider nicht immer so an, dass Daten in Zukunft als Innovationstreiber, als Motor für alte und neue Geschäftsmodelle und schlicht als Voraussetzung für überzeugende Produkte, zufriedene Kunden und zukünftigen Wohlstand anzusehen sind.

Keine offene Auseinandersetzung mit dem digitalen Status quo

Was ist mit dem gescheiterten e-Rezept, der digitalen Verwaltung, die aktuell stillzustehen scheint und der (noch immer nicht vorhandenen) digitalen Bildung an Schulen? Immerhin findet das interaktive Medium zur Wissensvermittlung und zur Organisation des schulischen Alltags weiterhin so gut wir gar nicht statt. Warum auch, es scheint alles gut, solange PDFs zum Ausdrucken durch die Gegend geschickt werden und Daten so nur in analoger Form existent sind.

Weitere Themen wie der Bürokratismus und die föderalen Irrwege bei der Umsetzung der DSVGO, die ursprünglich die Allmacht der großen angloamerikanischen Konzerne beschränken und die Bürger und ihre Daten schützen sollte, kamen ebenfalls nicht zur Sprache. Seien wir ehrlich: Die Realität ist leider eine andere und führt dazu, dass wir uns selbst beschränken und der Abstand von Europa zu den USA immer größer wird.

Vermisst habe ich ebenfalls eine Diskussion zum verantwortungsvollen Umgang mit dem eigenen digitalen Footprint, den jeder von uns in Form von unzähligen Datenpunkten täglich hinterlässt. Stichwort: gläserne Gesellschaft.

In Summe fehlten mir bei der Veranstaltung und in unserem Alltag zurzeit ein roter Faden, ein ganzheitliches Konzept und eine klare Verantwortlichkeit, die aber nach den guten und deutlich emotionaleren Reden der Minister Robert Habeck und Volker Wissing kommen soll.

Ein wenig mehr kritischer Diskurs zu den primär durch die Politik vorgegebenen Rahmenbedingungen als Teil einer „Test-und-Lern-Kultur“ hätte der Veranstaltung und der großen Aufgabe der Digitalisierung Deutschlands sicherlich gutgetan.

Na ja, wir haben ja noch Zeit… 🙂

Inspiration, Austausch und der Blick nach 2023

Ich persönlich nutzte das Programmangebot des Gipfels, um mich von den vorgetragenen Use Cases, Initiativen, Trends und Impulsen inspirieren zu lassen. Hauptsächlich ging es bei den Vorstellungen um Projekte, die von der Bundesregierung gefördert wurden. Mutmaßlich auch ein Grund, warum die kritische Würdigung ein wenig schlanker ausfiel. Ein vollständiger Überblick über das Programm ist übrigens hier zu finden: https://www.de.digital/DIGITAL/Navigation/DE/Service/Digital-Gipfel/Digital-Gipfel.html

Für mich war der Gipfel zugleich eine Plattform zum Austausch, um ins Gespräch zu kommen, und sich zu vernetzen, so bspw. mit Sigrun Albert, der Hauptgeschäftsführerin des BDZVs, und mit Dr. Martin Andree, Gründer und Digitalexperte.

Vielleicht noch ein Wort zu den Teilnehmenden des Digital-Gipfels: Hier zeigte sich das „who is who“ der deutschen Politik: Habeck, Wissing, Heil, Rot und Scholz sowie eine Menge weiterer Vertreter aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft. Auffällig: Die Teilenehmenden waren meist Männer mittleren Alters in Anzügen in gedeckten Farben. „Junge Wilde“ und farbliche Akzente gab noch nicht in dem Maße, wie ich sie erwartet hatte. Das gilt auch für die Präsenz des weiblichen Geschlechts, es war auf dem Digital-Gipfel unterrepräsentiert.

Fazit: Die Digitalisierung schreitet voran, eher langsam als sicher. Schneller, mutiger und lauter dann bestimmt in 2023.